Was ist eigentlich der Scrum Guide?
Der Scrum Guide beschreibt alle wichtigen Eckdaten des Scrum-Frameworks: die Scrum-Rollen, Events, Artefakte und natürlich die Regeln, die alles zusammenhalten. Herausgegeben wird der Scrum Guide von Jeff Sutherland und Ken Schwaber, den Begründern von Scrum. Als Dokument ist der Scrum Guide recht kurz – die aktuelle englische Originalversion von 2020 umfasst gerade einmal 13 Seiten. Doch inhaltlich hat der Scrum Guide es in sich. Schauen wir uns doch mal näher an, was der Scrum Guide eigentlich ist.
Was beschreibt der Scrum Guide und was nicht?
Wie bereits erwähnt, beschreibt der Scrum Guide die Scrum-Rollen, Artefakte und Events sowie einige Regeln, die diese Elemente verbinden. Scrum ist ein leichtgewichtiges Rahmenwerk (Framework), keine voll ausgestaltete Methode. Daher handelt es sich beim Scrum Guide absichtlich nicht um ein umfassendes Regelwerk, sondern um einen Leitfaden, wie Menschen im Kontext von Scrum zusammenarbeiten sollten.
Beschrieben sind also grobe Eckdaten und Spielregeln, keine Techniken oder gar Best Practices für bestimmte Aufgabenstellungen. Das Scrum-Framework ist nämlich absichtlich unvollständig, wie es im Scrum Guide heißt. Das bedeutet: Innerhalb des groben Rahmens kann sich jedes Scrum Team seine Abläufe und Techniken schaffen, um zum Ziel zu kommen. Obwohl im Kontext von Scrum also immer wieder schlagwortartig Namen wie Kanban, Impediment Backlog, Burn-Down-Chart oder Velocity fallen, sind sie alle keine festen Bestandteile von Scrum. Stattdessen handelt es sich dabei um Vorgehensweisen und Elemente, die Scrum unterstützen können und daher einen Blick wert sind.
Die Scrum-Rollen im Scrum Guide
Der Scrum Guide beschreibt das Scrum Team und seine Rollen so, wie viele Praktizierende es erwarten würden: Ein Scrum Master, ein Product Owner und bis zu acht Developer arbeiten gemeinsam und selbstorganisiert an einem übergeordneten Ziel, dem Product Goal.
Dabei sind die Developer für die Umsetzung und Produktqualität verantwortlich, während der Product Owner dafür sorgt, dass das Produkt den maximalen Wert erzielt und sich in diesem Zuge um Product Goal und Product Backlog kümmert. In der Zwischenzeit hilft der Scrum Master dem Scrum Team dabei, effizient, produktiv und konzentriert sein Ziel zu verfolgen. Zudem arbeitet er kontinuierlich daran, dass das Scrum Team sowie die Organisation Scrum noch besser verstehen und effektiver anwenden. Damit sind alle Scrum-Rollen klar verteilt – oder?
Was der Scrum Guide über das Scrum Team verschweigt
Im originalen Scrum Guide sind dem Scrum Team an sich gerade einmal zweieinhalb Seiten gewidmet, obwohl ihm die tragende Rolle im Framework zukommt. Entscheidend ist hier jedoch wiederum, dass der Scrum Guide nicht im Detail beschreibt, wie genau die einzelnen Aufgaben umzusetzen sind. Er gibt lediglich implizite Hinweise auf die hohen Ansprüche, die von den Individuen des Scrum Teams erwartet werden.
So heißt es über den Scrum Master in einem Absatz: „Scrum Masters are true leaders who serve the Scrum Team and the larger organization.“ Allein aus diesem Satz ergeben sich weitreichende Erwartungen und Fragestellungen: Was macht einen echten Anführer aus? Was ist eine dienende Führungskraft? Wie sieht ein Dienst am Scrum Team oder der Organisation konkret aus? Wie kann ein Individuum sich so weit entwickeln, dass es all diesen Erwartungen gerecht wird? Wer in den Weiten des Internets nach dem Begriff „servant leader“ oder „leader who serves“ sucht, findet eine schier unendliche Fülle von Diskussionen und Definitionsversuchen.
Der Scrum Guide bietet also zu den konkreten Fähigkeiten, die das Scrum Team mitbringen sollte, sehr allgemein formulierte Ansätze. Wie das Scrum Team sich schlussendlich zusammensetzt und welche Skills und Persönlichkeiten im Team vertreten sein sollten, wird sich je nach Scrum Team, Branche, Produkt und Organisation unterscheiden.
Der Scrum Guide 2020: Die aktuelle Fassung
Die aktuelle Version des Scrum Guides stammt aus dem Jahr 2020 und wurde in über 30 verschiedene Sprachen übersetzt. Den Scrum Guide geben Ken Schwaber und Jeff Sutherland bereits seit 2010 heraus. Dabei aktualisieren, glätten und verfeinern sie immer wieder einzelne Details, manchmal sogar zentrale Begrifflichkeiten. Wer etwa schon öfter über den Begriff „Product Vision“ gestolpert ist, diesen aber nicht im Scrum Guide finden kann, darf beruhigt sein: Das Konzept nennt sich in der aktuellen Fassung „Product Goal“.
Allein für eine einheitliche Sprache lohnt es sich also, stets auf dem Laufenden zu bleiben. Die begrifflichen Feinheiten kann man im Scrum Guide 2020 problemlos nacharbeiten, denn das Dokument lässt sich frei und kostenlos herunterladen. Was etwaige Änderungen jedoch auf der übergeordneten Ebene bedeuten, verinnerlichen Sie am besten in einer offiziellen Schulung. Daher sollten alle, die sich mit Scrum beschäftigen oder damit arbeiten, den Scrum Guide 2020 nicht nur lesen, sondern auch durch eigene Recherche oder ein professionelles Scrum Training tiefergehend verstehen lernen.